Die Geheimdienste durchforsten unsere Daten, die Daten unserer Freunde und die Daten unserer Industrie. Die Meisten unter uns haben die Risiken der digitalen Medien schon immer geahnt, sie haben es gewusst. Doch das befreundete Staaten gezielte Spionageangriffe auf deutsche Institutionen verüben – das toleriert selbst der Bundespräsident nicht mehr. Geht es aber um die Daten der Bürger, die laut den Enthüllungen Edward Snowdens pausenlos ausgespäht werden, herrscht Funkstille. Das wird allgemein akzeptiert – oder von der Obrigkeit auf den Prüfstand gestellt. Was jedoch jetzt geschieht, ist ein diplomatischer Affront. Durch häufige Medienberichte gerät die Affäre nicht in den Hintergrund oder in Vergessenheit, sondern ist unter den Bürgern präsent. Dem Bundesnachrichtendienst (ein Euphemismus für Geheimdienst), dem deutschen Auslandsgeheimdienst, wird schon in der Vergangenheit sicherlich bekannt gewesen sein, inwiefern die US-Geheimdienste Deutschland ins Visier nehmen. Allgemein kann man sagen, dass uns die Geheimdienste auch schützen, wie zum Beispiel vor Terrorgruppen. Doch tritt hier wieder der alte Disput zwischen Freiheit und Sicherheit auf. Auf welche Option wird Wert gelegt? Und mit welcher Intensität? Die Geheimdienste scheinen ihre Maßnahmen – angepasst an die größer werdenden digitalen Mittel – ständig zu erweitern. Die Grundrechte wie das Post- und Fernmeldegeheimnis werden genauso wie die Unschuldsvermutung einfach ausgehebelt. Auch der BND ist ein eifriger Helfer der US-Dienste. Laut Jonas Rest von der Berliner Zeitung ist der bundesdeutsche Geheimdienst nur ein eifriger Wurmfortsatz des Überwachungssystems. Seine Recherchen ergaben, dass die NSA und der BND eng zusammenarbeiten, unter anderem im Austausch von Daten und in der Entwicklung von Datensortiersoftware (z.B. XKeystore), um potenzielle sicherheitsgefährdende Menschen „auszusortieren“. Das heißt, dass er auch deutsches Recht bricht. Die Frage ist, ob wir das in einer freiheitlichen Demokratie tolerieren können, wollen und dürfen. Wir müssen verhindern, dass die deutschen und die ausländischen Geheimdienste ein Eigenleben entwickeln, das den Bürgern und ihren Rechten schadet.
Meiner Ansicht nach muss die Politik zuallererst den deutschen Geheimdiensten (BND, Verfassungsschutz und MAD) Grenzen setzen. Sie muss durch schärfere Kontrollen die Grundrechte der Bürger schützen. Sie muss außerdem bewerkstelligen, dass beispielsweise der Auftrag des BNDs eingehalten sowie ergänzt wird: „Der Bundesnachrichtendienst sammelt zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die erforderlichen Informationen und wertet sie aus (§1 Abs. 2 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst).“ Es sollten Änderungen von Juristen eingefügt werden, die den Spielraum eines möglichen Missbrauchs der Befugnisse noch stärker als bisher verhindert. Gleichzeitig muss der Dienst fähig bleiben, wahre Gefahren der Bundesrepublik aufzuklären. Die Ausspähung des NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestags sollte ebenfalls klare Konsequenzen nach sich ziehen. Ich schließe mich hier ganz der Meinung von Herrn Bosbach an: Ein Kapitel Datenschutz sollte dem Freihandelsabkommen hinzugefügt werden. Denkbar wäre ebenfalls ein „No-Spy-Abkommen“ als Grundvoraussetzung. Ansonsten sollte auch die Gegenspionage verstärkt werden.